Wissen – Kyudo
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Kyûdô ist das vor allem in Japan übliche Bogenschießen. Mit dem traditionellen Bogen Yumi, der 2,20 Meter misst, unsymmetrisch gebogen und aus verschiedenen Holz- oder Bambuslagen zusammengesetzt ist, wird auf ein 28 Meter entferntes Ziel, das Mato geschossen. In Wettkämpfen messen sich mehrere Schützen miteinander, auch auf internationaler Ebene. Zum Üben für diese wird im Training ebenfalls oft auf das Makiwara geschossen, ein vom Schützen 2-3 Meter entferntes Reisstrohbündel. Dabei wird vor allem Wert auf das Einstudieren der Technik und der Bewegungsabläufe gelegt.
Kyûjutsu und Kyûdô:
Kyûjutsu ist der Überbegriff für alle Kriegsmethoden der Bushi und der Samurai mit Ya und Yumi. Es gibt die verschiedenen Formen Sharei, Inu Oimono, Hikime, Yabusame, und Kasagake. Noch heute existieren in Japan einige der Schulen, die im 16. Jahrhundert an den gleichnamigen Höfen einiger Familien entstanden, und sich noch immer fast ausschließlich dem Lehren des Kyûdô verschrieben haben. Die wohl bekanntesten dieser Schulen sind Takeda, Ogasawara, Heki und Honda. Im heutigen Japan wird zu ca. 45% Ogasawara-ryû betrieben, während in Deutschland Heki-ryû dominiert. Mit dem Verlust des kriegerischen Nutzens von Bögen durch die Feuerwaffen wandelte sich Kyûjutsu zu einem Sport der Samurai. So nahm schließlich Zen Einfluss auf den Sport, und lieferte dem Kyûjutsu auf diesem Weg eine ethische Komponente. Nun konnte die Kampfmethode Kyûjutsu im Laufe der Tokugawa Zeit als eine der Kampfkünste des Budô neu entstehen, als Kyûdô. Hierbei dient der Bogen nun vor allem noch als Sportgerät und als Instrument zur Selbstentfaltung und persönlichen Weiterentwicklung. Im heutigen Kyûdô fehlte lange Zeit sämtliche Regelung. Erst 1933 versuchte das Butokukai einen allgemeingültigen Standard der technischen Aspekte festzulegen. 1934 veröffentlichte dieses Komitee die Dai Nippon Kyûdô Kyôhan, woraufhin kurze Zeit später eine überarbeitete Version, die Dai Nippon Kyûdô Kihan erschien. Allerdings gibt es noch bis zum heutigen Tag einige Punkte in denen keine Einigkeit besteht. Für Gürtel und Lehrlizenzen wird zwar die Form, die das Butokukai vorgab als Standard benutzt, in den einzelnen Schulen jedoch werden noch immer unterschiedliche Varianten des grundlegend gleichen Bewegungsablaufes gelehrt.
Geschichte:
Die Anfänge des heutigen Kyudo liegen in Japan. Dort entwickelte sich der Bogen etwa im 5. Jahrhundert vor Chr. und ist somit die wohl älteste Kriegs- und Jagdmethode Japans. In den Anfängen des Einsatzes als Kriegsmittel war der Bogen eine Waffe der Fußsoldaten. Ab dem 11. Jahrhundert bildeten sich verschiedene Formen des Kyûjutsu, die sich vor allem in verschiedenen Ritualen und Zeremonien zeigten. Beispiele hierfür sind das Sharei, das traditionelle Neujahrsschießen, welches am Hofe des Minamoto no Yoritomo entstand. Sehr großer Beliebtheit erfreute sich das Ino Oimono, bei dem mehrere Bogenschützen von verschiedenen Positionen aus auf flüchtende Hunde schossen. Dies wurde später dahingehend abgeändert, dass stumpfe Holzpfeile verwendet wurden, und Schiedsrichter die Treffer zählten. Handelte es sich um religiöse Anlässe wurde mit der Hikime ein traditionelles Bogenschießen zur Geistervertreibung zelebriert. Dies verdeutlicht auch den Symbolstatus, den der Bogen mit der Zeit im Shintoismus eingenommen hat. Im Yabusame wurde das Bogenschießen vom Pferd aus geübt. Abseits der Schlachtfelder, setzte man diese Kunst bei zeremoniellen Demonstrationen ein. Oft ging es dabei um den Frieden unter dem Himmel, das Bitten um gute Ernte und ähnliches. Das Kasagake schließlich, war das kriegerichste der Kyûjutsu Systeme. Unterteilt in zwei Teile, das Kazuya und das Kashiya, war der Fokus dieses Systems, die Fähigkeiten der Bogenschützen, die im Kampf benötigt wurden, zu verbessern. Im 16. Jahrhundert betrachtete man am Hofe der Takeda und Ogasawara das Kyûjutsu als erstes der 18 Systeme der Kakuto bugei, das die Samurai üben mussten.
- Autor: Christian Stör, 2009
- Quelle: BSK-Lexikon der Kampfkünste